„Mädchenträume sind keine Schäume“, sagte das Fragezeichen auf meiner hohen Stirn, als sich mir die Langeweile ins Gesicht zeichnete, um dabei das Vergissmeinnicht an meinem Revers grün anzumalen.
„Mädchenträume sind die Bäume unserer Mütter und Übermütter sowie deren Mütter und Großmütter“, schrie mich der überhitzte Beton der Großstadtwüste an. „So wird es jedenfalls sein, wenn unser Atem noch immer dafür ausreicht, um die Nebelbrille beschlagen zu lassen“, fuhr der Beton fort und grillte dabei die armen Würstchen auf den Blechdächern dieser Stadt.
„Mädchenträume verführen dich in den frivolen Meeresbrisen, wenn du mit lautem Kummer auf den Nagelbrettern dieser Welt hockst und dir deine emotionale Morgen-latte runterholst“, raunte mir der Storch zu, dessen Nest sich auf der Spitze des Leuchtturms gleich nebenan befand.
„Mädchenträume sind wie die taufrischen Blätter der Salat-Köpfe vom Mondscheinfeld des Nachbarn. Du musst nur drauf aufpassen, dass du beim Klauen nicht erwischt wirst“, lachte mich der kleine Häwelmann an oder vielleicht auch aus, als er mit dem Rock seiner Mutter das Bettsegel seiner allnächtlichen Ausflüge in den Himmel mimte, um mit dem Mond zusammen einen Latte Macchiato zu schlürfen.
„Und pass ja auf, dass nicht zu viel Fingerhut in deiner Krone aus Ginster verflochten wird“, fuhr er fort. „Denn zu viel davon führt zur zerbrechlichen Illusion, der Herr der Törtchen fürs allmorgendliche Mördchen zu sein.“
„Und siehe da, ist es denn für den blassen Häwelmann ein cringey Ding, wenn mir zu Hause mein süßer Brei aus Mädchenträumen überkocht und anbrennt, nur weil ich spitz bin auf die Seilerei mit dir? Oh du, mein Hasenpups von einem Berg aus Wehmut darüber, dass ich seit gut einer Woche meine Geldfliege bei dir daheim gefangen halte, und aufgrund des lieben Seelenwehs keinen Abschied nehmen will?“, fragte ich dich
„Ja“, sagtest du, „es ist zumindest uncool für die Fliege“, meintest du weiter. „Denn sie schwebt als Portal durch Raum und Zeit und kann sich dem nicht erwehren, wenn die Geister in ihr schon vor acht Uhr abends vibrieren, um zu sprechen mit deinem alltäglichen Wahnsinn, damit du die dir überdrüssige Muse dann doch erlösen gehst.“, fuhrst du weiter fort und machtest im selben Augenblick eine Umdrehung im Uhrzeigersinn.
Das Kunstleder war mit den Jahren brüchig geworden und mein Poesiealbum von damals sah nicht mehr schön aus. Die ehemalige Creme-Farbe des Einbandes war inzwischen dem abgegriffenen Grau einer ranzigen Speckschwarte gewichen. Und die ehemals rotgoldenen Lettern hatten mittlerweile alle den Grünspan abbekommen.
„Wie romantisch“, dachte ich mir. „Einst waren es gut gemeinte Lebensweisheiten“, zogen meine Gedanken schwefelig durch deine Hirnwindungen, bevor sie dich und mich ganz blau machten und dazu führten, dass sich unsere ehemaligen Mädchenträume blubbernd im Wohlgefallen aufzulösen drohten
Mit breiverschmiertem Gesicht und klebrigen Händen stand ich im aufkommenden Frühsommerregen. Dann breitete ich meine Arme aus und genoss meinen Geistesblitz, der mich über Stock und Stein hinweg trug, um zu dir zu fliegen, mein Schwurbel-Hurbel.
Auf dass die Mädchenträume nicht nur blieben, was sie waren, sondern auch aufblühten und ins Leben rutschten, als wenn wir das Kind eben nicht mit dem Bade ausgeschüttet hätten …
© CRSK, LE, 06/2023
Die Vertonung dazu hier in meinem YouTube-Kanal:
