„Schau, Anti, die Leiter dürfte jetzt halten. Sie ist von Hau-mich-weg aus muskulösen männeroberarmdicken Balken gezimmert worden. Da kann gar nichts mehr schiefgehen“, sprach Käpt’n Neon zu G-O-h-ne-e, dem Anti seiner Truppe.
„Wenn du jetzt also da rauf kletterst, kracht nix mehr ein. So können wir die Zwieback-Burg auch getrost von Land aus erstürmen, ohne sie gleich im Wein unserer Fassreiter zur See zu ersäufen. Verstehst du?“, fuhr Käpt’n Neon fort.
Dabei knetete er seine Hände und kaute auf seinem Unterlippenbart herum. Denn das letzte Sturmtief war noch nicht allzu lange weitergezogen und das nächste hatte sich am Horizont schon angekündigt und würde ihm und seinen Fassreitern garantiert wieder nasse Füße bescheren.
Käpt’n Neons Männer zeigten dem Snob, der über die Zwieback-Burg vom anderen Ufer herrschte, ihre Stinkefinger. Denn dieser stand auf der Krone seiner Macht, hinter der Brüstung aus aneinandergereihten Käseschilden und hielt nach dem Nachtzug Ausschau, der ihm den dringlich erwarteten Nachschub an Handgepäck der Philanthropen mitbringen sollte. Denn er brauchte deren darin enthaltenen süßen Senf so sehr, um die von seinen Widersachern geschlagenen Lücken im Mauerwerk der Zwieback-Burg kitten zu können, dass er den Zug der Nacht schon seit Tagen schier herbeisehnte.
Seine größten Feinde waren allerdings nicht die Fassreiter mit dem Kapitän auf seinem Anführer-Weinfass, sondern das waren die rotgoldenen Ratten vom Morgentau der fernen Salzbergwerke. Denn sie waren immer hungrig und waren es nicht gewohnt, im Überschwang zu leben. Und seit sie das Zwieback-Land mit seinen nahrhaften Bauten für sich entdeckt hatten, nahm ihre Zuwanderung exponentiell überhand. Und darunter litt dann auch die Resilienz der Gebäude im Reich des Snobs.
Käpt’n Neon lächelte lakonisch, als er das bunte Treiben seiner Männer betrachtete und sah, wie sich der Snob der Zwieback-Burg mit seinem Zögern zunehmend in eine gewisse Aussichtslosigkeit exponierte. Denn aus der Ferne waren schon sehr deutlich die herannahenden Ratten zu hören, die immer zu wissen schienen, wann es für die Zwieback-Burg und ihren Herrn brenzlich wurde, …
Dieser allerdings durfte jetzt nicht kleingeistig sein, wenn er seine Widersacher erfolgreich loswerden wollte. Also begann er eilig die Zwieback-Pilze herbeizurufen, um ihnen das Myzel killern zu können, so dass diese ihr seröses Duftsekret versprühen und ihre Poren in der Luft verteilen würden. Dem Gestank dieser Raritäten im Lande würde niemand, auch nicht der größte oder gar kleinste Feind mehr folgen können und die berühmten Poren der Pilze würden jede Gegnernase zum blutigen Platzen bringen. So hätte der Snob seine Feinde dann gleich mehrgleisig beackert.
Doch die Zwieback-Pilze waren darin sehr eigen. Sie forderten einen hohen Tribut von dem Snob der Burg. Er sollte sich, um ihnen zu gefallen, von ihnen schwängern, sprich pilzen, lassen, so dass er ebenfalls ein Pollenresort würde aufbauen können und über kurz oder lang zu einem ihrer Laien werde würde.
Das jedoch war dem Herrn der Zwieback-Burg zuwider und so ergab er sich endgültig der Fresssucht der Ratten, und dann fielen auch noch die Fassreiter des Käpt’n Neon über sie allesamt her.
Das ergab ein Hauen und Stechen, dem zum Ende der Geschichte niemand von den Entscheidungsträgern entkam.
Auch nicht der Käpt’n Neon. Der endete nämlich als neongrüner Fleck auf einem der zerfressenen und schimmeligen Zwieback-Bruchstücke, der dem Erdboden gleichgemachten und in Wein ertränkten Burg.
Während der Snob von den Fassreitern entsnobt wurde, indem man ihm den Schniedel geköpft und diesen den Ratten zum Fraß vorgeworfen hatte.
Und zum Schluss des Gemetzelt blieben nur noch das inzwischen eingetroffene weitere Unwetter und zwei Zeitzeugen über, die mir schließlich völlig durchnässt ihre Geschichte bei einem brühwarmen Bier in der Kneipe von Münchhausen auftischten.
Der eine war der Fassreiter Schwurbelschreck, und die andere war die weiße Ratte Rosafleck. Zwei Dusseldöre, die Glückspilze waren und sich über alledem noch miteinander angefreundet hatten.
© CRSK, Le, 09/2022
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